Zélie Martin

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Marie Azélie Guérin wird am 23. Dezember 1831 in Gandelain im Departement Orne geboren und geht nun auf ihr sechsundzwanzigstes Lebensjahr zu. Sie ist die Tochter eines ehemaligen Kämpfers von Wagram. Sie ist intelligent, tut sich im Schreiben leicht und arbeitet ungeheuer. Auch sie hat daran gedacht, Ordensfrau zu werden. Doch die Oberin des Krankenhauses in Alençon hat die Postulantin rundweg entmutigt. In ihrer Enttäuschung stürzt sie sich in die Herstellung von Alençon-Spitzen. Sie zeichnet sich in dieser tüfteligen Arbeit so rasch aus, dass sie sich im Jahr 1853 (sie ist 22 Jahre alt) auf eigene Kosten in der rue Saint-Blaise 36 einrichtet. Zunächst arbeitet sie mit ihrer älteren Schwester Marie-Louise zusammen; doch bald verlässt ihre Schwester sie, um in das Heimsuchungskloster in Le Mans einzutreten. Ihr Briefwechsel wird erst mit dem Tod der Heimsuchungsschwester aufhören, die immer ihre treue Beraterin gewesen ist.

Zwischen dem ersten Treffen mit Louis Martin und der Hochzeit verstreichen kaum 3 Monate. Am 13. Juli 1858 geben sich die Spitzenherstellerin und der Uhrmacher das Jawort in der Kirche Notre-Dame, und zwar nach einem Brauch der damaligen Zeit um Mitternacht.

Ihr eheliches Leben beginnt in einer erstaunlichen Weise: Louis schlägt seiner Frau vor, wie Bruder und Schwester zu leben. Fügsam und unerfahren, wie sie ist, willigt sie ein. Doch nach 10 Monaten solch monastischen Lebens bringt ein Beichtvater die beiden dazu, ihre Meinung zu ändern, und zwar gründlich. Sie haben dann 9 Kinder, 7 Töchter und 2 Knaben.

Von 1859 an bis 1870 folgen sich die Geburten und Trauerfälle in raschem Wechsel. Die Kindersterblichkeit bleibt eine Geißel in dieser 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. In dreieinhalb Jahren verlieren die Martins drei Kinder in frühem Alter und eine süße kleine Helene mit fünfeinhalb Jahren.

Diesen Trauerfällen schließen sich in den Jahren 1859 bis 1868 der Tod der Eltern und des Schwiegervaters von Frau Martin an. Sie ist sich wohl bewusst, dass sie nun ihr letztes Kind zur Welt bringen wird, denn seit ungefähr sieben Jahren leidet sie an einem Übel, das langsam fortschreitet, an einer Drüsengeschwulst in der Brust.
Sie leidet mehr und mehr, wobei sie abwechselnd durch Phasen von Hoffnung und Furcht hindurch schreitet. Ihre stechendste Sorge bleibt, wie sie ihre 5 Töchter versorgen soll. Sie betet darum, dass "alle Heilige" seien.
Ihre Schmerzen werden immer schlimmer. Selbst eine Wallfahrt nach Lourdes vom 17. - 23. Juni 1877 bringt nicht die erhoffte Linderung, geschweige denn Heilung. Am Sonntag, dem 26. August 1877, erhält Zélie die Krankensalbung in Anwesenheit ihrer gesamten Familie.

Theresia schreibt später: "Ich sehe noch den Platz, wo ich neben Céline stand; wir waren alle fünf da, dem Alter nach, und das arme Väterchen war da und schluchzte ..."
Frau Martin stirbt am 28. August 1877, eine halbe Stunde nach Mitternacht, im Beisein ihres Gemahls und ihres Bruders. Bald hätte sie ihr 46. Lebensjahr vollendet.
Zélie Martin wird am 29. August auf dem Friedhof Notre-Dame in Alençon beigesetzt.

(vgl.: Guy Gaucher, Chronik eines Lebens, Therese von Lisieux (1873-1897), Johannes-Verlag, Leutesdorf, 2004, S. 16 - 42)