Der kleine Weg
Theresias unvergleichlicher Beitrag zur Spiritualität des 21. Jahrhunderts ist die Wiederentdeckung des Evangeliums in größter Reinheit, realisiert in der Einhaltung "ihres kleinen Weges", basiert vor allem auf Matthäus 18,3: "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen."
LIEBE
Theresia hat erkannt und für sich bestimmt, dass ihr kleiner Weg auf e i n Wort reduziert werden kann: LIEBE. Alles, was sie verantwortungsvoll tat, tat sie aus Liebe zu ihren Mitmenschen und damit aus Liebe zu Gott.
Und das machte sie unwahrscheinlich glücklich. Niemand soll nun glauben, dass dieser Weg für sie einfach war. Sie war sich im Kloster schnell ihrer menschlichen Schwächen und Fehler bewusst. Aber sie erkannte, wenn Gott sie zur Heiligkeit führen will, weist er ihr auch den Weg. Sie orientierte sich dabei auch an dem Wort: "Wenn jemand ganz klein ist, komme er zu mir." (Spr. 9,4) "Ich bin gekommen", schrieb Theresia.
VERTRAUEN
Theresia verstand, dass sie den Weg nicht allein ging, dass Jesus sie an die Hand nahm. Wenn sie über die Entdeckung ihres kleinen Weges schrieb, so wies sie daraufhin, dass man zuerst Gott entdecken muss, seine unendliche barmherzige Liebe. Von da an sah sie alles durch die "Brille der Barmherzigkeit". Das erfordert natürlich ein riesiges Maß an Vertrauen. Theresia wusste, wenn Gott sie um etwas bat und es schien ihr unmöglich, dann gelang es ihr, weil Gott in ihr wirkte. "Ich fühle, wenn ich barmherzig bin, dann handelt Jesus in mir; je mehr ich mit ihm verbunden bin, desto mehr liebe ich ihn." Das ist ein Weg der Heiligkeit, der sich für uns alle öffnet: seine eigene Schwäche zu akzeptieren und sie Gott anzubieten, damit er in uns wirken kann.
HINGABE
"Ich möchte eine Heilige werden." Ist das nicht ein anspruchsvolles Ziel einer jungen Frau, die schon früh in ihrem Leben verstanden hat, dass es einen bestimmten Weg zu Gott, zu "ihrem" Jesus geben muss? Diesen spirituellen Weg hat sie ganz allein für sich entschieden. Natürlich war sie geprägt durch ein religiöses, wohl behütetes Elternhaus, durch ihre Lehrer und das Leben im Karmel. Aber ihr wurde ihr eigener authentischer Weg zum Himmel geebnet. "Ich habe nichts als die Wahrheit gesucht", äußerte sie in ihren Schriften. Das, was Theresia tat, war aus dem Leben gegriffen, aus ihrem Alltag, immer in Anlehnung an das Evangelium. Ihr Handeln spiegelte sich im Lichte des Gotteswortes wider, war geprägt von ganzer Hingabe zu Gott. Über tausendmal zitierte sie aus der Heiligen Schrift - ohne Theologiestudium. "Dieser Weg ist die Hingabe des kleinen Kindes, das ohne Angst in den Armen seines Vaters einschläft." (Theresia von Lisieux)